Arm trotz Vollzeitarbeit

Peter Dittmar

Die Schere zwischen arm und reich in Europa geht stetig weiter auseinander. Millionäre, Multimillionäre und Milliardäre werden immer reicher und beeinflussen Politik und Gesetzgeber um ihre eigenen egoistischen Ziele durchzusetzen. Parallel dazu steigt die Zahl armer Menschen. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Vollzeitjobs bekommen so wenig Geld für ihre Arbeit, dass sie gezwungen sind aufzustocken oder Nebenjobs anzunehmen. In Deutschland wird der Mindestlohn ab 2017 um 34 Cent erhöht – von derzeit 8,50 € auf 8,84 € in der Stunde. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden ergibt das eine Erhöhung von 51,76 € im Monat - vor Steuern. Und das wird dann auch noch von einigen Politikern als erhebliche Verbesserung für den Niedriglohnsektor gefeiert. Da frage ich mich wirklich – sind das noch Volksvertreter? Es gibt aber auch Länder in Europa, bei denen der Mindestlohn erheblich höher ist als in Deutschland. In Luxemburg z.B. beträgt der Mindestlohn 11,12 € die Stunde. In Frankreich 9,67 € und in den Niederlanden 9,36 €. Damit Arbeitnehmer mit Minilöhnen wenigstens einigermaßen über die Runden kommen, sollte auch Deutschland sich an der „Luxemburger Regelung“ orientieren. Das geht! Außerdem dürfen Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträge, die sich in Deutschland und auch in anderen Teilen Europas wie Krebsgeschwüre ausbreiten, keine Zukunft mehr haben. Das ist nichts anderes als Lohndumping.

Das Renteneinstiegsalter sollte bei 63 Jahren liegen – ohne Abzüge. Wer länger arbeiten will, kann das natürlich machen. Warum nicht. Die Mindestrente darf nicht unter 1050 € liegen. Da sollte unsere jetzige und hoffentlich nicht künftige Regierung mal einen Blick auf die Rentenregelung bei unseren Nachbarn in Österreich werfen. Minirenten werden da automatisch auf 12.000 € im Jahr aufgestockt.  Langjährig Versicherte kamen 2013 im Durchschnitt auf eine monatliche Rente von 1560 €. Da die Ruheständler in Österreich aber 14 Monatsrenten im Jahr bekommen, betrug die kumulierte monatliche Durchschnittsrente sogar 1820 €. Rentner in Deutschland bekamen da im Durchschnitt „etwas“ weniger – nämlich 1050 € (Quelle der Durchschnittsrenten – Hans-Böckler-Stiftung). Ich denke, man sollte doch dieses „Österreichische Rentenmodell“ auch in Deutschland einführen. Es ist machbar, und zusammen mit einem Mindestlohn nach dem „Luxemburger Modell“ wäre das doch mal eine echte Maßnahme gegen Armut und drohende Altersarmut.

Die Politiker vieler regierender Parteien in Europa werden u.a. von Großkonzernen, Bankern, Lobbyisten, Erben großer Vermögen und Aktionären am Nasenring durch die Manege geführt. Die sind nämlich gierig geworden – nur Gewinne zählen. Was aus den Menschen wird, die diese Gewinne durch ihre Arbeitskraft erst ermöglichen, ist denen völlig egal.

Text: Peter Dittmar